Vertriebene und Verbliebene erzählen

Tschechoslowakei 1937-1948

Di, 09.02.2016 – So, 10.04.2016
Die Ausstellung und Videoinstallation thematisiert die NS-Zeit in der Tschechoslowakei und die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg. Lebensgeschichtliche Videointerviews, die in Österreich, Tschechien und der Slowakei geführt wurden, dokumentieren Erinnerungen an diese Geschichte bis in die Gegenwart. Als mitteleuropäische Kooperation wird die Ausstellung zeitgleich in Wien, Praha/ Prag und Bratislava/ Preßburg gezeigt.
Online Ausstellung

Die 1918 entstandene Tschechoslowakei erbte von der Donaumonarchie die Konflikte der dort lebenden Volksgruppen. Der Nationalsozialismus radikalisierte den nationalen Anspruch als „rassische“ Vorherrschaft durch Annexion, Unterdrückung und Mord. Republikanische Bürgerschaft wurde durch „Volksgemeinschaft“ und damit verbundene ausschließende Begriffe ersetzt. Plötzlich konnte man nur noch „Deutscher“, „Tscheche“, „Jude“, „Magyar“ etc. sein.  Unmittelbar auf das Dritte Reich folgte die Vertreibung der deutschsprachigen Bevölkerung aus der Tschechoslowakei, die abermals von Unrecht und Tod bestimmt wurde. Der Eiserne Vorhang vollendete die Trennung zwischen der vertriebenen und der zurückbleibenden Bevölkerung, und der Kommunismus verbot jede Diskussion über die Vertreibung und die dabei geschehenen Verbrechen.

37 Interviews zeichnen die historischen Vorgänge im Spiegel der individuellen Erfahrung nach: in Familie und Nachbarschaft, in ethnisch gemischten Städten und entlegenen Dörfern, in Frieden und Krieg, während Gefangenschaft, Deportation und Neubeginn. Eine besondere Rolle spielen InterviewpartnerInnen, die dem nationalen Entweder-Oder widersprechen: gemischte Paare, deutschsprachige Gegner des nationalsozialistischen Regimes, TschechInnen und SlowakInnen, die sich dem kommunistischen „antifaschistischen“ Narrativ der Vertreibung widersetzen, etc.

Die Ausstellung besteht aus 15 thematischen Video-Stationen. In jedem Themenkreis werden unterschiedliche biografische Perspektiven im Wechsel der Originalsprachen (mit Untertitelung in die jeweilige Landessprache) aufeinander bezogen. Die Video-Stationen arbeiten emotionale und kognitive Motive im Spannungsfeld von Biografie und Geschichte heraus. Sie handeln von Städten und Regionen im Wandlungsprozess von Entvölkerung und Neubesiedlung.

Diese Schau veröffentlicht Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt „Bringing Together Divided Memory. Czechoslovakia, National Socialism and the Expulsion of the German Speaking Population“. Es wurde mit Fördergeldern der Europäische Kommission, “Europa für Bürgerinnen und Bürger“, dem Zukunftsfonds der Republik Österreich, der Stadt Wien, dem Bundeskanzleramt und dem Bundesministerium für Bildung und Frauen ermöglicht.

Die Ausstellung wird von einem Kommunikations- und Veranstaltungsprogramm für Schulen, universitäre und andere Gruppen begleitet. InterviewpartnerInnen werden als ZeitzeugInnen eingebunden.

Zur Ausstellung erschien ein Katalog.

Einblicke in Videoportraits


Kuratierung
Georg Traska (Österreichische Akademie der Wissenschaften)
Kommunikation: Barbara Lipp, barbara.lipp@volkskundemuseum.at, M: +43 (0) 650 974 23 07

Kooperationspartner
Institut für Kulturwissenschaften und Theatergeschichte, Österreichische Akademie der Wissenschaften (Wien )
Institut für historische Intervention (Wien)
Antikomplex (Prag)
Antikomplex.sk (Banská Bystrica)

Die Videoinstallation basiert auf dem Gestaltungskonzept von Thomas Hamann - entwickelt für die Ausstellung "Das Dreieck meiner Kindheit" (Projekt Herklotzgasse 21, Verein coobra).

Ausstellungsorte
Volkskundemuseum Wien
Neustädter Rathaus Prag, Karlovo nám. 1/23, 12800 Praha 2-Nové Mesto
Universitätsbibliothek Bratislava, Ventúrska 263/11, 81101 Bratislava - Staré Mesto



ZEITZEUGINNENGESPRÄCHE
Do, 18.2.2016, 18.30 Uhr
Volkskundemuseum Wien
Details

Do, 3.3.2016, 18.30 Uhr
Slowakisches Institut, Wipplingerstraße 24-26, 1010 Wien
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Di, 8.3.2016, 18.30 Uhr
Tschechisches Zentrum Wien, Herrengasse 17, 1010 Wien
Details

BUCHPRÄSENTATION, LESUNG UND GESPRÄCH
Di, 1.3.2016, 19.00 Uhr
Volkskundemuseum Wien
Alfred Goubran: Das letzte Journal. Roman
Einleitende Worte: Stefan Gmünder (Der Standard/ALBUM)
Lesung: Alfred Goubran
Gespräch: Alfred Goubran, Stefan Gmünder, Georg Traska (Kurator der Ausstellung)
Die Präsentation findet im Rahmen dieser Ausstellung statt, da ein wichtiger Teil des Romans vom sogenannten Prager Aufstand 1945 handelt.
www.braumüller.at

FILMVORFÜHRUNG: GRENZGÄNGE
Do, 7.4.2016, 19.00 Uhr
Volkskundemuseum Wien
Wolftraud de Concini Schreiber ist eine Grenzgängerin. Die Publizistin lebt seit vielen Jahren in der Region Trentino/Südtirol (Italien), geboren ist sie allerdings in Böhmen, einer Gegend, aus der nach dem 2. Weltkrieg viele deutschsprachige Tschechen vertrieben bzw. ausgesiedelt wurden – auch die damals fünfjährige Wolftraud, samt Eltern und Geschwister. 2015 kehrte sie als Stadtschreiberin der Kulturhauptstadt Pilsen nach Westböhmen zurück. Die TV-Dokumentation begleitet Wolftraud de Concini Schreiber auf ihrer Spurensuche nach den verschwundenen Dörfern an der Grenze.
Wolftraud de Concini Schreiber wird persönlich bei der Filmpräsentation im Volkskundemuseum anwesend sein und steht dem Publikum für Fragen zur Verfügung.
Volkskundemuseum Wien
Laudongasse 15–19, 1080 Wien
T: +43 1 406 89 05
F: +43 1 406 89 05.88
E: office@volkskundemuseum.at

Hildebrandt Café
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E: hi@hildebrandt.cafe
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Öffnungszeiten
Museum:
Di bis So, 10.00 bis 17.00 Uhr
Führungen und Programm: Termine
Bibliothek:
Besuch nach Voranmeldung
SchönDing Shop | Café:
Di bis So, 10.00 bis 17.00 Uhr

Hildebrandt Café:
Di bis So, 10.00 bis 18.00 Uhr
Mostothek:
Di, ab 17.00 Uhr


Eintritt
frei im ganzen Museum