Testimony – Truth or Politics

Formen der Erinnerung an die Jugoslawien-Kriege

Fr, 13.04.2018 – So, 30.09.2018
Vor 25 Jahren war der Krieg sehr nah. Südlich der Steiermark und Kärntens wurde gekämpft. Manchmal konnte man von dort Artilleriefeuer hören. Von außen war kaum zu durchschauen, wer da gegen wen kämpfte und warum Jugoslawien in eine Reihe kleinerer Länder zerfiel, in denen nationalistische Rhetoriken den Krieg mit politischen Mitteln fortsetzen.
Um den Konflikt wenigstens im Nachhinein verständlich zu machen, haben sich im Westen und auch in Österreich Erzählungen etabliert, in denen ethnische und religiöse Differenzen als Erklärungen herangezogen werden. Ist dieser Krieg beendet? Er soll Geschichte geworden sein, so scheint es; die Kriege der Gegenwart zu verstehen ist kompliziert genug.
 
Doch möglicherweise ist auch der Krieg in Jugoslawien deutlich komplizierter als die Geschichtsbücher glauben machen wollen, und möglicherweise ist er längst nicht vorbei, obwohl die Waffen schweigen. In Jugoslawien und auch in Österreich leben hunderttausende Menschen, die in diesen Kriegen gekämpft haben, die vor ihnen geflohen sind, die Angehörige, Hab und Gut verloren haben.
 
Für viele ist der Krieg Teil des Alltags geblieben. Sie verloren ihre Heimat, denn das Land, in dem sie aufwuchsen und das sie liebten, existiert nicht mehr. Durch die Zerstörung der Jugoslawischen Gesellschaft verschwanden soziale Institutionen und  mit ihnen gesellschaftliche Bezugsrahmen und die Sicherheit persönlicher Netzwerke.
 
Wie reagieren die Menschen darauf? Wie lässt sich mit solchen Kriegen und den unvermeidlich traumatischen Erfahrungen der Beteiligten so umgehen, dass die Konflikte nicht auf die nächsten Generationen übertragen werden und andere – gewaltfreie – Möglichkeiten der Konfliktlösung möglich werden?
 
In Zusammenarbeit mit Organisationen von KriegsteilnehmerInnen (Kriegsveteranen, Flüchtlingen, Binnenvertriebenen, Familien gefallener SoldatInnen und ziviler Opfer) behandeln das Center for Cultural Decontamination und The Ignorant Schoolmaster and his Commitees aus Belgrad sowie Boem* aus Wien diese Fragen. Im Zuge dieser Auseinandersetzungen wurden unzählige Round-Table-Gespräche und Interviews geführt, aus denen ein Archiv entstanden ist. Die dabei zu Wort kommenden Menschen blicken nicht aus der historischen Totalen auf die Geschehnisse. Vielmehr erzählen sie eine soziale Geschichte von persönlichen und kollektiven Erfahrungen. Was sie hervorbringen, sind keine Dokumente, sondern Zeugnisse. Die Kriege in Jugoslawien erscheinen in einem anderen Licht als dem medialen. Sichtbar wird ein sehr konkreter Krieg mit ebenso konkreten Ursachen und Folgen.
 
Die Ausstellung zum Projekt Testimony – Truth or Politics vereinigt künstlerische Positionen, die sich mit diesen Interviews und den sie verhandelnden Fragen auseinandergesetzt haben.

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DIE KÜNSTLER*INNEN

Sanja Anđelković, Bojan Krivokapić, Andrea Palašti – The Grammar of the Testimony of War
Ana Bunjak – The 20th Century Fugue
Daniel Nicolae Djamo – 16 sounds of paper
Marianna Fumai, Iula Marzulli – Past is Present
Ryo Ikeshiro, Aron Rossman Kiss – (Re)constructing Voices
Filip Jovanovski – A Proposal for a Monument of the Communist Whore
Kristina Marić – Constructing Memory 1
Jelena Marković – I Called Home    
Vladimir Miladinovic – Indiscernible
Dorone Paris – Not A Victim
Nikola Radić Lucati – Radio-witness
Mersid Ramičević – A Word Is Not A Word, Not That Word: Children’s Song
Lala Raščić – Conflict Syntax. Dot. Dot. Dot.
Katarina Sević – Objective  Archive? Archive vs. Keywords
Jacek Smolicki, Tim Shaw – Fragmented witnessing

Kuratorin: Noa Treister
Projektorganisation: Noa Treister, Alexander Nikolic
Co-Kurator: Zoran Erić


KULTURVERMITTLUNG

Öffentliche Führungen durch die Ausstellung
jeden Sonntag, 15.00 Uhr
(Änderungen vorbehalten)
Kosten: Eintritt + € 4,–

Informationsveranstaltung für PädagogInnen
Mi, 18.4.2018, 18.00 Uhr
Anmeldung erforderlich
Eintritt frei

Ausstellungsgespräch
„Wahre“ Geschichte/n?
ab 14 Jahren
Geschichtsproduktion ist kein selbstverständlicher Prozess, sondern unterschiedlichste Akteur*innen ringen um die „wahre, richtige“ Erzählung der vergangenen Ereignisse. Wir wollen mit den Jugendlichen anhand praktischer Übungen ausprobieren, welche Schwierigkeiten auftauchen, wenn mehrere Akteur*innen um die eine „wahre“ Erzählung kämpfen – auch mit der Perspektive, dass diese Prozesse direkte gesellschaftliche Auswirkungen auf die Gegenwart haben.
Wer sind die Protagonist*innen dieser Aushandlungen, wie erlangt eine bestimmte Narration die Deutungshoheit – und was passiert mit den anderen Erzählungen?
Dauer: 90 Min
Kosten: € 4,50 pro Person

Anmeldung und Information
kulturvermittlung@volkskundemuseum.at
oder +43 (0) 1 406 89.26


BEGLEITPROGRAMM

Pressegespräch
Do, 12.4.2018, 11.00 Uhr

Ausstellungseröffnung
Do, 12.4.2018, 19.00 Uhr
Performance
Begrüßung: Matthias Beitl, Direktor Volkskundemuseum Wien
Zur Ausstellung: Noa Treister, Kuratorin Testimony – Truth or Politics
Anschließend laden wir zur Performance-Miniatur von BOEM* und Migrating Kitchen ein.
Web: wwww.boem.postism.org, www.migrating-kitchen.com

Podiumsdiskussion
Mi, 11.4.2018, 18.30 Uhr
Setting Testimony up

Workshop
Fr, 13.4.2018, 17.00 bis 20.00 Uhr
Objective Archive? Archive vs. Keywords



Eine Ausstellung von Testimony: www.svedocanstvo-imenovatitoratom.org



Ausstellung gefördert durch
   

Projektpartner
      
Volkskundemuseum Wien
Laudongasse 15–19, 1080 Wien
T: +43 1 406 89 05
F: +43 1 406 89 05.88
E: office@volkskundemuseum.at

Hildebrandt Café
T: +43 1 406 89 05.10
E: hi@hildebrandt.cafe
Online Tischreservierung

Öffnungszeiten
Museum:
Di bis So, 10.00 bis 17.00 Uhr
Führungen und Programm: Termine
Bibliothek:
Besuch nach Voranmeldung
SchönDing Shop | Café:
Di bis So, 10.00 bis 17.00 Uhr

Hildebrandt Café:
Di bis So, 10.00 bis 18.00 Uhr
Mostothek:
Di, ab 17.00 Uhr


Eintritt
frei im ganzen Museum