Das Museum beherbergt mit ca. 260.000 Objekten eine der größten Fotosammlungen Österreichs. Die Objekte sind großteils dokumentarisches bzw. ethnografisches Material unterschiedlicher Provenienz und wurden mit volkskundlichem Fokus gesammelt. Sie stellen heute ein wesentliches visuelles Archiv für eine Wissensgeschichte volkskundlicher Blicke und der Bildung von Stereotypen dar. Ein weiterer Sammlungsschwerpunkt liegt auf privater Fotografie in Österreich.
Objektgruppen: Positive (Kontaktabzug bis Großformat), Diapositive, Negative, Alben, Ansichtskarten, vereinzelt Tonband, Film, Drucke (z.B. Photochroms) Themenbereiche: Aufnahmen von Volkstypen, Bräuchen, Handwerk, Alltagskultur, volkskundlichen Exkursionen, Landwirtschaft, Landschaft, Hausforschung, Objekten (des Hauses s. alle Sammlungen und extern), Vereinsleben/Veranstaltungen des Volkskundemuseums (Gründung bis Anfang des 21. Jhd.). Private Fotografie 1930-1950, private Reisefotografie 1950-2000 Geographische Ausdehnung: Nahezu ganz Europa mit Schwerpunkten in Zentral- und Südosteuropa: Österreich, Böhmen, Mähren, Schlesien, Polen, Slowakei, Galizien, Slowenien, Rumänien, Istrien, Dalmatien, Albanien, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Mazedonien, Norditalien, Deutschland, Bretagne, Baskenland, Russland, Griechenland, Skandinavien etc. Zeitliche Einordnung: ca. 1850 bis 2009 (Schwerpunkt ca. 1890 bis 1970) Umfang: 260.000 Objekte; davon 130.000 Positive, 70.000 Negative, 30.000 Diapositive, 20.000 Ansichtskarten, 10.000 Stk. Gemischtes (diverse Medien)
Das Sammeln von Fotografien im Österreichischen Museum für Volkskunde beginnt in etwa zeitgleich mit der Gründung des Museums: Die ersten Fotos kamen 1896 als Reaktion auf einen Aufruf von Michael Haberlandt ins Museum, begonnen mit „42 Aufnahmen von Dorf- und Hausansichten, Volkstypen und Straßenscenen aus der Bukowina, Sommer 1894" als Geschenk von Josef Szombathy (s. oben Foto 2). Der Zuwachs der Sammlung erfolgte bis ca. 1955 kontinuierlich durch Schenkungen und Ankäufe von Fotografien von sogenannten Volkstypen, Trachten, Hausformen und Landschaften. In weiterer Folge entstanden bald Objektfotografien, die heute noch einen zentralen Bestand der Fotosammlung darstellen. Aufnahmen, die sich einem „ethnografischen Fotografieren“ annähern und zum Beispiel Handwerkstraditionen in ihrer Ausführung zu dokumentieren suchen, kamen auch in späteren Jahren hinzu. Einen beachtlichen Zuwachs verzeichnete die Sammlung erst kürzlich - zwischen 2017 und 2020 - durch Schenkungen nach Aufrufen im Zuge des Projektes und der Ausstellung Private Fotografie 1930–1950 mit ca. 20.000 Einzelfotografien meist in Alben (s. oben Foto 1) sowie von sehr großen Nachlässen an privaten Reisealben und -dias aus den Jahren 1950 bis 2000.
SAMMLUNGSAUFARBEITUNG
Um die anhaltend hohe Zahl externer und interner Recherche- und Forschungsanfragen in umfassenderem Maße beantworten zu können, steht die Arbeit in der Fotosammlung derzeit ganz im Zeichen ihrer Aufarbeitung. Von den 260.000 Fotoobjekten sind momentan erst 51% inventarisiert, 5% (12.000) digitalisiert und 2% (6.000) in die Museumsdatenbank eingespeist.
Die auffallenden Rückstände begründen sich durch mehrere Faktoren: (1) Für viele Jahrzehnte (Gründung bis 1950er Jahre) war die „Fotografien- und Bildersammlung“ „Neben“sammlung und in späteren Jahrzehnten gar nicht den Sammlungen zugeteilt („wissenschaftliche Abteilung“). Sie wurde ab Gründung des Hauses bis 1956 zusammen mit der Bibliothek betreut. Eine ausschließliche Stellenzuteilung (archivarischer, kustodischer oder konservatorischer Art) gab es in den 125 Jahren nur für 14 Jahre (1956–1970). (2) Fotografische Medien waren für viele Jahrzehnte vorrangig Dokumentationsmittel, „gebraucht“ für Publikationen, Vorträge und Forschung. Eine objektgerechte Aufbewahrung rückte in den Hintergrund. (3) Kamen Fotoobjekte im Zuge von Schenkungen anderer Objekte ans Haus, wurden sie nach Übergabe an die Fotosammlung oft nicht explizit aufgearbeitet. Infolgedessen haben wir oftmals keine („verwaiste Werke“) oder nur sehr eingeschränkte Informationen über sie. (4) Die Zeit für eine umfassende Aufarbeitung fehlte oft, da die (mit)betreuenden MitarbeiterInnen durch Forschungsanfragen, Objektfotografie und Reproduktionsanfragen, später diverse Projekte „immens ausgelastet“ (z.B. ÖZV 67/18, 1964, S. 192) waren.
Im Zuge des Zwischenjahres änderte sich dies, unterstützt durch Stellen-Umstrukturierungen. In einem ersten Schritt wird die Fotosammlung nun nach aktuellen Sammlungskriterien aufgearbeitet, vorerst physischer Art (Sichten, Ordnen, Provenienzen erforschen, konservatorische Bearbeitung, Inventarisieren des Bestandes), im Folgenden digital (Digitalisierung, Museumsdatenbank, Online Sammlungen). Da das Einspeisen in die Museumsdatenbank M-Box nicht von heute auf morgen geschehen kann, werden zuerst sämtliche Tools für Rechercheanfragen verfügbar gemacht: durch Digitalisierung aller 65 Inventarbücher (mit 135.000 Inventarnummern) aus der Fotosammlung sowie das Zusammentragen aller weiteren physischen Findmittel/Sammlungsverzeichnisse in einer einfachen Datenbank (mit derzeit 35.000 Einträgen). Ein weiterer Arbeitsbereich ist das Erstellen eines Archives zur Fotosammlung. Auch hier liegen bereits recherchierbare Daten vor.
BERICHTE UND GESCHICHTEN AUS DER FOTOSAMMLUNG
"1052 A". Kann das ein Lieblingsobjekt sein? Von Astrid Hammer und Elisabeth Egger (Nachrichten. Volkskundemuseum Wien 1/2021, in den Online Publikationen lesen)
Finden - Erschließen - Aufarbeiten: Entwicklungen in der Fotosammlung. Von Astrid Hammer (Nachrichten. Volkskundemuseum Wien 1/2021, in den Online Publikationen lesen)
"Neu eintragen!" Annäherungen an Geschichte, Ordnungen und Logiken der Fotosammlung des Volkskundemuseum Wien. Ein Werkstattbericht. Von Astrid Hammer (Österreichische Zeitschrift für Volkskunde 123, 2020, in den Online Publikationen lesen)
Volkstypen: Typisierende Massenbilder - Identifikation und Differenz im 19. Jahrhundert. Von Herbert Justnik (Nachrichten. Volkskundemuseum Wien 4/2020, in den Online Publikationen lesen)
Zweimal das gleiche aber nicht dasselbe Bild. Ausstellungsrecherche in der Fotosammlung. Von Herbert Justnik (Nachrichten. Volkskundemuseum Wien 3/2020, in den Online Publikationen lesen)
Wie wollen wir denken und arbeiten? Mein Zwischenjahr: Astrid Hammer, Fotosammlung (Nachrichten. Volkskundemuseum Wien 2/2020, in den Online Publikationen lesen)
Hanna und Berts große Reisen. Lieblingsobjekt. Von Katharina Zwerger-Peleska (Nachrichten. Volkskundemuseum Wien 1/2019, in den Online Publikationen lesen)
Forschen im Dialog - Private Kriegsfotografie unter der Lupe. Lieblingsobjekt. Von Anne Wanner (Nachrichten. Volkskundemuseum Wien 3/2017, in den Online Publikationen lesen)
Ein Lieblingsobjekt? Darf ein Kurator denn so etwas haben? Von Herbert Justnik (Nachrichten. Volkskunde in Österreich 1+2/2015, in den Online Publikationen lesen)
Ein „Glücksfall in der Fotografie-Geschichte“ – entdeckt nach 127 Jahren. Von Astrid Hammer (Nachrichten. Volkskundemuseum Wien 1/2024, in Online Publikationen lesen).
Elisabeth Egger elisabeth.egger@volkskundemuseum.at Wegen der anstehenden Sanierung des Museums können nur mehr Anfragen nach bereits bestehenden Digitalisaten bedient werden.